Samstag, 12. Januar 2008

Zurück in der perla tapatía

Hallo an alle werten Blogleser und erstmal ein frohes neues Jahr 2008! Am vergangenen Sonntag kamen Viola und ich von unserer großen Reise in den Weihnachtsferien zurück. Wir sind zunächst nach Mexiko-Stadt gefahren, um dort Weihnachten zu verbringen und dann am 27. in das kleine, aber sehr schöne, Nachbarland Guatemala geflogen. Per Bus ging es dann auf dem Landweg zurück und nach einigen Monsterbusfahrten durch dieses riesige Land gen Nordwesten, kamen wir schlussendlich am 05.01. um 23 Uhr in unserer Wohnung an, wo wir dann kurz darauf in Violas 23. Geburtstag hineinfeiern konnten. Seit Anfang der laufenden Woche arbeite ich auch bei meinem Praktikumsplatz bei der Zeitung „Público“, wo ich den Leuten der Internetabteilung etwas unter die Arme greifen soll.

Die schwarzen Linien zeigen unsere Reiseroute

Nun beginne ich noch einmal von vorne, um etwas ausführlicher von unserer Reise zu berichten und quasi als Konklusion schlussendlich die ersten Eindrücke vom Praktikum hinzufügen.

Am 22. Dezember ging es morgens von Guadalajara aus mit dem Bus in die Hauptstadt Mexikos, wo wir unseren Freund Alfredo und seine Familie besuchten und dort die Feiertage verbringen sollten. Unglücklicherweise war rund um die Weihnachtstage hier dermaßen viel Verkehr auf den Straßen, so dass wir zunächst auf einen Bus warten mussten, der noch genügend freie Plätze hatte. Zu allem Überfluss stießen wir dann auch noch im Staate Guanajuato auf viel Verkehr, so dass aus der eigentlich 7stündigen Fahrt schnell 9-10 wurden. Nichtsdestotrotz kamen wir abends an und ließen uns erneut von diesem gigantischen Lichtermeer in einer der größten Städte der Welt beindrucken (ca. 27 Mio Einwohner) – man gewöhnt sich einfach nicht an dieses Ausmaß. Nach einer ca. 1stündigen Taxifahrt vom Norden bis in den Südwesten der Metropole, erreichten wir schließlich das Haus der Familie Alfredos.

Obwohl dies bereits mein dritter etwas längerer Aufenthalt in der Stadt war, gab es noch immer genug Sightseeingprogramm abzuklappern an Orten, die wir noch nicht kannten. Am ersten Tag besuchten wir zunächst eine Pastorela, das sind Theaterstücke, welche in der Weihnachtszeit herum in Kirchen aufgeführt werden, jedoch mit einem sehr satirischen Grundton. So fuhren wir nach Ciudad Nezahualcóyotl, eine Millionenstadt, die inzwischen in die Metropole hereingewachsen ist, um dort eine Aufführung von Alfredo und einigen seiner Verwandten zu begutachten. Nachmittags kamen wir dann in das pulsierende Herz der Stadt, wo sich einst schon das Zeremonialzentrum der blühenden Aztekenmetropole Tenochtitlán befand – dem Zócalo. Aufgrund der Weihnachtszeit hatte die Stadtverwaltung dort eine große Eispiste installiert, wo die Hauptstädter ihre ersten Versuche auf zwei Kufen zum Besten geben konnten. Der Andrang war sehr groß und wie mir berichtet wurde hat selbst die deutsche Tagesschau über dieses Spektakel berichtet.

Das erste Foto zeigt die Eispiste auf dem Zócalo, das zweite die Weihnachtsdeko

Übrigens hatten wir wirklich winterliche Temperaturen in Mexiko-Stadt, vor allem nachts, und auch in Guadalajara kühlt es derzeit stark ab, so dass die Mexikaner sich in Winterjacken und Handschuhe hüllen. Neid über unser Klima hier ist also überhaupt nicht angebracht. Wenigstens bleibt es trocken und generell ist das aktuelle Klima ungefähr vergleichbar mit dem deutschen Frühherbstwetter.

Den 24. Dezember verbrachten wir dann zunächst in Xochimilco, ein Überbleibsel des einstigen großen Texcoco-Sees der sich im Hochtal Mexikos befand und wo heute eine kleine Kanalanlage den smog- und lärmgeplagten Stadtbewohnern etwas Erholung bietet. Zu viert mieteten wir uns ein Boot und schaukelten gemächlich durch die Gewässer.

Die Boote aus Xochimilco, sogar mehrere Reiher bekamen wir mitten in der schmutzigen Stadt zu Gesicht

Nach der Rückkehr in das Haus von Alfredo begannen bereits die Vorbereitungen für das Weihnachtsfest. Ein großer Truthahn musste versorgt werden, genauso wie die Herstellung von mehreren Salaten bereits auf Hochtouren lief. Frisch geschniegelt begaben wir uns dann um 22 Uhr in die kirchliche Messe, wobei das Gotteshaus nahezu aus allen Nähten platzte. Es schien als mache sich das komplette streng-katholische Mexiko auf den Weg in die kleine Kirche und viele brachten dabei ihre eigene Jesuspuppe mit, welche dann später gemeinsam gewiegt wurde. Jedenfalls war dieses Spektakel sehr unterhaltsam und wirkte nicht so verbissen wie ein europäischer Gottesdienst. Nach der Rückkehr wurde dann schließlich das Weihnachtsessen serviert; es war bereits nach 24 Uhr. Gut gesättigt durch dieses wurden erst Trinksprüche ausgesprochen, wobei wir intensiv auf deutsch-mexikanische Freundschaft anstießen und schließlich ging es dann auch an das Eingemachte und die Geschenke wurden im Rahmen einer großen Show verteilt. Wir gingen alle recht zufrieden aus diesem Akt hervor. Nachdem den etwas hüftsteifen Deutschen schließlich noch Salsastunden erteilt wurden, fielen wir gegen fünf Uhr nach unserem ersten mexikanischen Weihnachtsfest morgens alle sehr müde in die Betten.

Der Weihnachtstruthahn, Beim Kinderwiegen in der Kirche, der stolze Koch Alfredo, die nahezu komplette Weihnachtsgesellschaft

Der 25. Dezember bestand überwiegend aus der Regeneration nach der kurzen Nacht und dann mussten die mexikanischen Berufstätigen am 26. bereits wieder an ihren Arbeitsplätzen erscheinen. Somit waren wir an jenem Tag auf uns gestellt und machten einen Ausflug in das Museo de Antropología, welches wirklich einen Besuch wert ist. Wir gingen bereits das zweite Mal hinein und brachten doch erneut ca. fünf Stunden mit dem Betrachten der Informationen über Geschichte und Gegenwart der indigenen Völker Mexikos zu.

Viola mit einer großen Zuckerwatte vor dem Palacio de Bellas Artes in Mexiko-Stadt, ich vor dem berühmten Sonnenstein im Museo de Antropología, Viola im Chapultepec-Park

Am 27. hatten wir dann bereits die nächste Etappe der Reise vor uns, da wir einen Flug nach Guatemala-Stadt gebucht hatten. Somit sparten wir eine Menge unserer knappen Reisezeit, die wir auf dem Landweg gebracht hätten und legten die Strecke in zwei Stunden zurück. Die erste Nacht nach der Ankunft verbrachten wir bei Bekannten von Viola in der Hauptstadt, bevor wir uns am nächsten Tag auf den Weg nach Antigua machten, wo wir vor mehr als drei Jahren Spanisch gelernt hatten. Apropos Spanisch; unsere Ausprägung der kastilischen Sprache scheint bereits eine stark mexikanische Prägung aufzuweisen, so dass wir von den Bekannten von Violas Familie als „Charros“ bezeichnet wurden und diese sich immer wieder über unsere verwendeten Begriffe totlachten. Dies ist in Mittelamerika eine Bezeichnung für den großen Nachbarn im Norden; vergleichbar mit „Gringo oder „Gabacho“ für die verhassten Nordamerikaner. In Antigua sollten wir vier Nächte bleiben, wobei unsere Aktivitäten hauptsächlich aus Gastfamilien abklappern und Artesanía-Kaufen bestanden. Den Silvesterabend verbrachten wir im Zentrum mit vielen feiernden Guatemalteken, Violas Bekannten und leider auch grölenden Gringos, welche sich ihre Hymne nicht verkneifen konnten.

Abendliche Impressionen aus Antigua, der Arco im Stadtzentrum, das Treiben gegen Mitternacht am 31.12., zurück nach Mexiko

Die Silvesternacht kosteten wir nicht wie in den letzten Jahren gewohnt aus, sondern begaben uns bereits gegen 1 Uhr in die Schlafgemächer, da uns ein Shuttlebus am Neujahrsmorgen um 5 morgens zurück über die mexikanische Grenze bringen in den südlichsten Staat Chiapas bringen sollte. Die Fahrt erwies sich als ziemlich kräftezehrend, da insbesondere auf der mexikanischen Seite der Platz im Bus etwas knapp kalkuliert worden war (an der Grenze wurde der Bus gewechselt). Nach endlos erscheinenden Stunden erreichten wir endlich San Cristóbal de las Casas, wo wir uns für zwei Nächte einmieten sollten. Da wir sehr müde waren und das Wetter in dem kleinen Kolonialstädtchen eher dem Hamburger Herbst als mexikanischer Sonne ähnelte, unternahmen wir nicht viel am ersten Tag. Für den folgenden Tag hatten wir uns jedoch für unseren Ausflug ein ganz besonderes Naturschauspiel ausgesucht. Per Boot fuhren wir durch den Cañón del Sumidero; eine tiefe Felsenschlucht durch die sich ein Fluss schlängelt. Die Felswände an den Seiten erheben sich teilweise bis zu 1000m und man fühlt sich doch recht klein und machtlos angesichts dieser Naturgewalten. Auf unserer Rundfahrt bis hin zu einem gigantischen Stausee sahen wir sogar ein kleines Krokodil, das sich gerade außerhalb des Wassers aufhielt.

Bei Schmuddelwetter in San Cristóbal, Die hohen Felswände am Cañón, das 'Quotenkrokodil'

Am folgenden Tag saßen wir eigentlich fast nur im Bus, da wir die beschwerliche Reise in den Nachbarstaat Oaxaca und dessen gleichnamige Hauptstadt unternahmen, wobei man die Landenge, den Isthmus von Tehuantepec überquert und somit geographisch von Mittel- nach Nordamerika zurückkehrt. In Oaxaca genossen wir unseren letzten Tag der Reise am Freitag in vollen Zügen, indem wir durch die sehr angenehm ruhige und warme Stadt schlenderten und die zahlreichen Märkte besuchten.

Die koloniale Innenstadt von Oaxaca, Viola und ich im Restaurant, das Treiben auf dem Zócalo am Abend

Nach einem weiteren Tag, den wir ausschließlich im Bus verbrachten, erreichten wir am späten Samstagabend dann unsere hiesige Heimatstadt. Am Sonntagabend gab es kleines Geburtstagsfest für Viola, zu dem die uns hier bekannten Leute geladen waren, die sich nicht gerade auf Reisen befanden (die meisten sind noch längere Zeit unterwegs). Wir hatten trotzdem einen sehr lustigen Abend, bei dem das Highlight Violas erste Piñata war. Dieses Objekt ist ein großes Gebilde aus Pappmaché, welches mit Süßigkeiten gefüllt ist, an der Decke aufgehängt wird und vom Geburtstagskind mit einem Knüppel zerschlagen werden muss, während ihm die Augen verbunden sind. Leider musste auch die Glühbirne in unserem Wohnzimmer daran glauben.

Maple, René und Sina, Viola vor ihrem Geburtstagskuchen, Maple präperiert die Piñata, nach vollendeter Arbeit wurde der Inhalt eingesammelt

Die erste Woche an meinem Praktikumsplatz verlief relativ unspektakulär. Ich wurde in den ersten beiden Tagen ein wenig in die Prozesse der täglichen digitalen Archivierung der Tageszeitung eingewiesen, wofür ich in den nächsten Wochen weiterhin zuständig sein werde, und durfte einige Nachrichten auf der Homepage der Zeitung veröffentlichen. Hierbei handelte es sich bislang zumeist um regionale Meldungen, doch zumindest gewöhne ich mich hierdurch ein wenig an die journalistische Schreibarbeit und feile an meinem Schriftspanisch; ich hoffe bis zum Ende des Praktikums eventuell noch einen längeren eigens verfassten Artikel in der Zeitung oder im Internet veröffentlichen zu können.